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Transport Logistic 2025 – Messewahnsinn oder Pflichtprogramm? Ein persönlicher Rückblick aus München
Zwischen Buzzwords und Bierbänken: Warum die Messe noch immer wirkt – und was ihr fehlt.

In a nutshell: Die Transport Logistic 2025 war wie erwartet: laut, voll, verbindend – aber auch erstaunlich innovationsarm. Während Atmosphäre, Austausch und persönliche Begegnungen klar im Vordergrund standen, fehlte es vielerorts an echten Produktneuheiten. Für etablierte Aussteller ging es weniger um Leads als um Beziehungsarbeit. Der Aufwand bleibt immens, der ROI schwer greifbar. Trotzdem bleibt das Event ein relevanter Fixpunkt der Branche – mit allem, was dazugehört: Messetrubel, Netzwerkmagie und Zeckenkarten.
Heisere Stimmen, überranntes Standpersonal, mal eben kurz einen Snack hier und da. Dann wieder zurück ins nächste Gespräch, rein ins Getümmel, den Badge gezückt, lächeln, Hände schütteln. Und das stundenlang.
Warum tut man sich das eigentlich an?
Als Aussteller: Monate an Vorbereitung, unzählige Mails, Abstimmungen, Logistik. Schlaflose Nächte, lange Tage. Und dann ist alles in vier Tagen vorbei.
Ein Rückblick auf die Transport Logistic 2025 in München – und die ehrliche Frage: Ist das Format Messe eigentlich noch zukunftsfähig?
Energie, Austausch, Atmosphäre – das „klassische Messegefühl“ lebt
Ja, sie hatte sie wieder – diese Energie.
Die Messe hat definitiv eingeladen zum Reden, zum Diskutieren, zum Wiedersehen. Helle Hallen, freundliche Stimmung, ein buntes Bild der Branche. Konzepte, die das Zwischenmenschliche betonten – mit viel Sitzfläche, Bars, Tresen und Raum für Begegnung. Bei dem einen oder anderen fühlte es sich jedoch eher an wie in einem geschlossenen Club.
Generell: Wir werden jünger, bunter.
Zwischen Stillstand und Scheinwerferlicht – wo bleibt die echte Innovation?
Was allerdings auffiel: Echte Neuheiten? Kaum. Disruption? Fehlanzeige.
Es wurde das Altbekannte dargestellt – das, was funktioniert und sich bewährt hat. Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und all diese Buzzwords scheinen noch nicht wirklich angekommen zu sein.
Immerhin sind Cloud, Echtzeit, Schnittstellen, Integrationen und Vernetzung kein „von morgen“ mehr, sondern im Alltag angekommen. Was jedoch fehlte, war Innovation. Der Fokus war klar auf Begegnung und Austausch gesetzt – nicht auf die Präsentation der Lösungen von morgen.
Setup, Orientierung und Besucherverlauf – der Messe-Mittwoch war König
Die Hallen waren thematisch gegliedert – theoretisch. Die Hallenaufteilung war jedoch – höflich gesagt – gewöhnungsbedürftig. Gerade für Erstbesucher war es nicht einfach, sich zu orientieren.
Große Namen und die üblichen Platzhirsche neben durchmischten Gemeinschaftsständen – sichtbar wurde vor allem: Hier muss man dabei sein, weil man dabei sein muss. Viele große Stände – teils beeindruckend, aber inhaltlich oft eher Marketing als Substanz.
Man kennt sich, man grüßt sich, man sieht sich wieder – fast wie ein Klassentreffen. Schön, wie immer.
Eine schier erschlagende Anzahl – vor allem auch sehr international gewordener – Aussteller, und dann doch teilweise genügend Platz in den hinteren Metern der Hallen, um auch mal in Ruhe einen Call zu machen oder sich dem Getümmel zu entziehen.
Montag war zum Warmlaufen da. Dienstag und Mittwoch: brechend voll.
Donnerstag? Leere Gänge, müde Gesichter.
Und doch: Internationale Gäste, gute Gespräche – und auch Laufkundschaft. Sie existierte.
Der Aufwand? Immens.
Die Frage nach dem Verhältnis von Kosten zu Wirkung? Berechtigt.
Was bringt’s eigentlich? – Ziele, Nutzen, Leads (und Drinks)
Welches Ziel hat man denn auf einer Messe? Leads generieren? Vielleicht. Aber nicht wie früher – und nicht für jedes Unternehmen im gleichen Ausmaß.
Die Besucher sind informierter, weiter, fragen gezielter. Digitalisierung und Automatisierung sind so langsam endlich keine Buzzwords mehr, sondern Realität. Die Gespräche: fachlich, tiefgründig, oft auf Augenhöhe. Potenzielle Kunden haben vorab bereits recherchiert und im besten Fall ein Konzept im Kopf, das es zu besprechen gilt.
Aber die „neuen Kontakte“? Eher selten – gerade für etablierte Aussteller.
Für bekannte Marken wie uns geht es längst um etwas anderes: Beziehungsarbeit. Vertrauen. Zwischenmenschlichkeit. Das Gesicht zum Namen sehen. Und das Gespräch, das zwischen den Zeilen stattfindet.
Mit Bestandskunden in lockerer Atmosphäre sprechen, den ein oder anderen potenziellen Kunden auf seiner Reise zum hoffentlich bald bestehenden Kunden treffen – ohne dafür in der ganzen Republik unterwegs zu sein oder Stunden in Zügen, Fliegern und Autos zurückzulegen.
Vorab gefüllte Terminkalender sind zur Tagesordnung geworden, der Platz, der Raum und die Atmosphäre dafür geschaffen. Man kennt sich bereits und nutzt die Messe als unkomplizierten und wichtigen Touchpoint.
Gerade für junge Unternehmen ist die Messe jedoch nach wie vor ein interessanter und wichtiger Weg, sich nicht durch unzählige Mailpostfächer und Outbound-Aktionen zu kämpfen, sondern den direkten und echten Draht zu Entscheidern zu bekommen.
Oldschool oder authentisch? – Leadbögen, Visitenkarten und ROI-Fragen
Und dann sind da noch die Klassiker: handgeschriebene Leadbögen, stapelweise Visitenkarten. Warum? Weil es wahrscheinlich noch immer funktioniert. Weil wir es so gewohnt sind. Oder vielleicht, weil es sich einfach richtig anfühlt.
Wir verkaufen Innovation, Automatisierung, Digitalisierung – und schreiben mit Kugelschreiber auf Papier. Ist doch klar, oder?
Aber eines muss man lassen: Offline-Events haben eine Magie, die keine KI ersetzen kann.
Doch die Frage bleibt: Wie misst man den Erfolg? Leads? Pipeline-Wachstum? Abschlüsse? Oder doch die unmessbaren Dinge: Vertrauen, Nähe, Präsenz, Verlässlichkeit?
Die Messe wirkt nach. Sie ist nach wie vor ein wichtiger Kanal, um in den Köpfen und „Top-of-Mind“ zu sein. Es ist schwer zu messen mit klassischen KPIs und Metrics, wenn es darum geht, wahrgenommen zu werden und Reichweite sowie Awareness zu stärken – oder nicht vergessen zu werden im Dschungel der endlos scheinenden Anbieter.
Fazit: Zwischen Pflicht und Kür
Die Transport Logistic bleibt eine feste Größe – mit Stärken und Schwächen.
Sie bringt Menschen zusammen. Sie zeigt Präsenz. Aber sie fordert auch die ehrliche Frage: Was erwarten wir von einer Messe heute – und morgen?
Wer da war, weiß, was gemeint ist.
Wer nicht da war, hat vielleicht nichts verpasst – oder doch genau das?
Und natürlich: die Giveaways.
Sie dürfen nicht fehlen. Was hängen blieb?
Zeckenkarte. Kondome.
No comment.