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6 Tipps, wie ein 3PL-Anbieter zum echten E-Commerce-Partner wird
Ein Interview mit Stephan Kettemann und Jose Jr. Lee.
In a nutshell: Basierend auf einer echten Partnerschaft zwischen Glorious Gaming und dem Logistikdienstleister STACI liefert dieser Artikel sechs praktische Tipps für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Pflichtlektüre für alle, die sich im komplexen Feld von Fulfillment und Service-Partnerschaften bewegen.

Im schnelllebigen E-Commerce-Geschäft gibt es kaum etwas Unverzeihlicheres als Logistikprobleme. Kunden*innen erwarten sofortige Lieferungen, reibungslose Retouren und perfekte Verpackung – unabhängig davon, wie komplex die Prozesse dahinter sind. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, setzen viele Onlinehändler auf Third-Party-Logistics-Anbieter (3PL). Doch mit der Auslagerung von Lagerung und Versand beginnt nicht einfach ein operativer Prozess, sondern eine Partnerschaft, die Vertrauen, Kommunikation und Flexibilität auf die Probe stellt.
Das zeigte sich auch im Gespräch mit Stephan Kettemann, CEO von STACI Deutschland, und Jose Jr. Lee, Senior Manager Global Logistics & Warehousing bei Glorious Gaming, einem US-Unternehmen, das auf individualisierbare mechanische Gaming-Tastaturen spezialisiert ist. Seit zwei Jahren arbeiten beide Teams gemeinsam daran, das europäische Logistiknetz von Glorious aufzubauen. Ein Projekt, das klein begann, aber schnell an Komplexität gewann.
Hinter einer glatten Timeline steckt jedoch eine reale Geschichte über gemeinsames Gestalten, Herausforderungen und den feinen Unterschied zwischen Dienstleister und Partner.
Mit Ambition starten, nicht mit Gewissheit
"Vor zwei Jahren hatten wir keinerlei physische Präsenz in Europa," so Jose. "Wir haben alles aus Asien oder den USA verschickt. Aber wenn man in diesem Markt wachsen will, kann man das nicht dauerhaft so machen."
Deutschland wurde schnell als logistisches Zentrum auserkoren: zentral gelegen, erfahren im Fulfillment und kulturell nah an den europäischen Kundenerwartungen. Die Frage war nur: Wer hilft uns, das aufzubauen?
"Zuerst hatten wir Gespräche mit STACI UK," so Jose weiter. "Dann folgte der Kontakt nach Deutschland. Dort hat man sofort verstanden, was wir brauchen."
"Anfangs waren die Volumen klein," bestätigt Stephan. "Aber wir haben das Potenzial gesehen und noch wichtiger: den Willen zur gemeinsamen Entwicklung."
Workshops, die mehr als Verkaufsgespräche waren
Die Anfangsphase war geprägt von intensiven Workshops. Technisch, aufwendig, aber entscheidend.
"Das waren nicht nur Kick-off-Meetings," so Stephan. "Wir haben uns regelmäßig getroffen, um die IT-Systeme sauber zu integrieren. Bei ERP- und WMS-Anbindung kann man nichts vorspielen."
"Genau da hat sich das Vertrauen aufgebaut," ergänzt Jose. "Wir waren von Anfang an ehrlich – auch darüber, was wir noch nicht wussten."
Die Zusammenarbeit war produktiv, aber anspruchsvoll. "Zwei Teams, verschiedene Zeitzonen, ein neues Produktportfolio – es gab technische Hürden und enge Zeitpläne," so Stephan. "Da zeigt sich, ob man mit einem Partner arbeitet oder nur mit einem Auftragnehmer."
Es geht nicht um Kultur, sondern ums Zuhören
Ein Team in Deutschland, das andere global verteilt, das schreit nach kulturellen Missverständnissen. Doch beide Seiten winken ab.
"Ein Kultur-Workshop war nicht nötig," sagt Stephan. "Unsere Account Manager arbeiten international, alle sprechen dieselbe operative Sprache."
Jose bestätigt: "Wenn man Kulturunterschiede als Hindernis sieht, ist man schon gescheitert. Die Herausforderung ist, offen zu bleiben, auch wenn es mal unangenehm wird."
Realität: Wöchentliche Abstimmungen
Bis heute treffen sich beide Teams wöchentlich – ein Ritual, das mehr als Routine ist.
"Klar, wir reden über KPIs," erklärt Stephan. "Bestandsgenauigkeit, Versandzeiten, Lieferperformance. Aber die echten Themen stecken in den Grauzonen, die nicht in Excels stehen."
Ein Beispiel war ein komplexes Versandproblem nach UK. "Das hat uns Wochen gekostet," so Jose. "Aber was zählt: STACI hat nicht weggeschaut. Sie haben mit ihrem UK-Team gesprochen, sich reingehängt und das Thema gelöst."
"Es war anstrengend," so Jose weiter. "Aber niemand hat aufgegeben. Genau das unterscheidet Partner von Anbietern."
B2B-Logistik: Wo es wirklich schwierig wird
Während B2C eher standardisiert abläuft, ist B2B ein anderes Spiel.
"Kunden wie Amazon oder MediaMarkt haben Routing Guides mit 100 Seiten," erklärt Jose. "Wenn ein Detail nicht passt – Palettenaufbau, Lieferzeitpunkt – gibt's Strafzahlungen."
"Deshalb müssen wir jeden Kunden gemeinsam durchgehen," so Stephan. "Es gibt keine Universallösung. Wir setzen uns zusammen, lesen die Dokumente, übersetzen sie in Prozesse."
Mit wachsender Expansion will man Prozesse für B2B weiter standardisieren. "Nur so halten wir die Qualität, wenn die Mengen steigen," sagt Stephan.
In die Zukunft gedacht
Beide Teams blicken optimistisch nach vorn mit einem klaren Blick für die Herausforderungen.
"Wir bekommen immer mehr B2B-Kunden," sagt Jose. "Das heißt: mehr Dokumentation, mehr Abstimmung, gleiche Qualität."
"Wir wollen nicht nur Volumen skalieren, sondern auch die Partnerschaft," so Stephan. "Das heißt bessere Prozesse und gleichzeitig persönliche Nähe bewahren."
Fazit: In der Logistik zählt nicht nur, was geliefert wird. Sondern wie – und mit wem.